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lfd. Nr.
471
Prot. Nr.
11596
Sender
Orsenigo
Empfänger
Pizzardo
Ort
Berlin
Datum
20.10.1934
Archiv
AA.EE.SS. Germania, Pos. 647, fasc. 183, fol. 11rv
Betreff
s. ogg.
Regest
Einflußnahme der Partei auf die Verhandlungen zwischen Regierung und Bischöfen über die katholischen Vereine und Verbände: eine Lageeinschätzung, übermittelt durch den Kölner Erzbischof.
Dokument
1Sua Eminenza il Signor Cardinale di Colonia mi trasmette le informazioni qui accluse (Allegato A.), ed io credo opportuno e secondo il desiderio dell’Eminentissimo Cardinal Schulte il farle proseguire – per il tramite di persona fidata – fino a Vostra Eccellenza, sebbene non dicano molto di nuovo, dopo il mio rispettoso Rapporto del giorno 6 corr. mese, No. 11498. Il nome del cappuccino Sigismondo Löwenstein1
Eine solche Person kann in der Tat nicht identifiziert werden; gemeint ist jedenfalls nicht der zum Katholizismus konvertierte und 1919 in den Franziskanerorden eingetretene Alban Prinz zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg (1892-1964), der mit dem NS-Regime in Konflikt geriet, in ein salzburgisches Kloster auswich und noch 1943 in das Konzentrationslager Dachau interniert wurde; vgl. den Eintrag in der Datenbank „Regesta Ecclesiastica Salisburgensis“ (RES): www.res.icar-us.eu/index.php?title=Löwenstein-Wertheim-Freudenberg,_Alban,_Prinz_zu_(1892-1964) (21.01.2016).
era infatti stato riferito anche a me, ma non riuscendo a identificarlo, temo o sia falso ovvero mal riferito. Il fatto che le trattative con l’Episcopato non vengano riprese lascia temere che veramente si stia preparando qualche ingrata sorpresa. Al Ministero degli Esteri si accennò ad incarichi speciali, senza precisarli, che sarebbero affidati all’Ambasciatore von Bergen per quando sarà di ritorno l’Eminentissimo Signor Cardinale Segretario di Stato. Anche qualche espressione pubblica fin troppo benevole del Capo della gioventù hitleriana all’indirizzo delle organizzazioni cattoliche lascia temere vogliano preparare il terreno per la famosa accusa dell’inframettenza della Santa Sede a impedire un accordo locale già quasi maturo. Fortunatamente l’Episcopato è molto unito, il popolo abbastanza avveduto per non prestare fede a persone, che ha già dato così numerose prove di non meritarla: unica preoccupazione è la mancanza di libertà di stampa e di pubblicità, nonché la tracotanza della massa giovanile avvinta al nazionalsocialismo. Il Governo – a giudizio anche di parecchi diplomatici – si è piuttosto rafforzato e i metodi di lotta sono sempre più raffinati e prepotenti: la chiesa evangelica è decisamente divisa in due; e si dice che il così detto “vescovo del Reich” vedrà la sua ben presto dichiarata “chiesa di Stato”.2
Vgl. Bericht No. 11625 vom 24.10.1934 und den Kommentar dort.
2„Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher“ (A.K.D.)
3Reichskonkordat
Anhang
11) Der3
Typoskript ohne Verfasserangabe und Datierung (entstanden wohl unmittelbar nach dem 12.10.1934); AA.EE.SS., Germania, Pos. 647, fasc. 183, fol. 13r-16r. – Daß Kardinal Schulte persönlich der Verfasser dieser Kompilation ist, dürfte zu bezweifeln sein.
Stab des Reichsministers Hess hat unter Leitung des früheren Hauptmanns v. Pfeffer einen Ausschuss gebildet, der nach Auflösung der „Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher“ (A.K.D.) die Aufgabe hat, alle Lebensäusserungen des katholischen Volksteils sorgfältig zu überwachen. An diesen Ausschuss haben die Parteistellen im Lande Bericht zu erstatten über alle ihnen wichtig erscheinenden Vorgänge. Von hier aus bekommen sie und die Presse auch entsprechende Verhaltungsmassregeln. Die spezielle Aufgabe dieses Kreises im Stabe Hess liegt aber in der persönlichen Unterrichtung und Beratung des Reichskanzlers in allen die katholische Kirche betreffenden Fragen.Nach einer bisher noch nicht bestätigten Meldung soll zu den Beratungen des Ausschusses öfters ein katholischer Geistlicher herangezogen werden. Ob es wahr ist, dass es sich um einen Kapuzinerpater Sigismund handelt, der Konvertit ist und der evangelischen Linie von Löwenstein entstammt, wird zur Stunde noch geprüft. Dieser angebliche Pater Sigismund soll dem Ausschuss eine Liste national zuverlässiger katholischer Geistlicher überreicht haben. Sicher ist, dass diese Liste vorliegt.2) Es ist eindeutig erwiesen, dass in dem Ausschuss radikale und zielstrebige Anhänger der nationalkirchlichen Bewegung tätig sind. Die Unterbrechung der Verhandlungen zwischen Episkopat und Regierung in der zweiten Septemberwoche dieses Jahres ist nicht zuletzt auf sein Bestreben zurückzuführen. Eine Verständigung mit Rom liegt naturgemäss nicht im Sinne der nationalkirchlichen Bestrebungen.3) Am Donnerstag, den 4. Oktober, haben die mit der Beobachtung des katholischen Volksteiles betrauten Mitglieder des Stabes Hess den Entwurf einer Presseveröffentlichung beschlossen, in der zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass Reichsregierung und die deutschen Bischöfe sehr wohl eine Verständigung über alle zur Zeit zwischen Kurie und Staat noch schwebenden Fragen hätten erzielen können. Den deutschen Bischöfen, insbesondere den Unterhändlern, wird ausdrücklich Lob und Anerkennung gezollt. Scharfe Verurteilung erfährt aber die angeblich „vertragswidrige“ Einmischung der Kurie in Verhandlungen, für die allein die deutschen Bischöfe und der Staat zuständig seien. Rom wird als unversöhnlich bezeichnet. Der Schluss der Verlautbarung sollte eine deutliche Anspielung daraufhin enthalten, dass für das deutsche Volk die Einmischung einer fremden Macht auf die Dauer unerträglich wäre.Es ist beachtenswert, dass am 5. bzw. am 6. Oktober, also unmittelbar im Anschluss an die Tagung des Ausschusses in den Zeitungen die Gründung der „Katholisch-nationalkirchlichen Bewegung“ mit dem Sitz in Essen bekanntgegeben wurde.4
Der Informant unterscheidet hier nicht zwischen (römischen) Katholiken und der seit 1870 abgespaltenen kleinen Gruppe der „Altkatholiken“ (die sich weigerten, das Dogma von der Infallibilität des Papstes anzunehmen). Bei der von dem Essener Pfarrer Heinrich Hütwohl bereits im Frühjahr 1934 gegründeten „Katholisch-nationalkirchlichen Bewegung“ (KNB) handelte es sich um eine altkatholische Initiative, die das Ziel verfolgte, Staat und Katholizismus zu versöhnen und letztlich die altkatholische zu einer („romfreien“) katholischen deutschen Nationalkirche auszubauen. Auf der Essener Gründungsversammlung am 13.05.1934 schloß sich ein römisch-katholischer Geistlicher der Bewegung an; davon abgesehen entfaltete die KNB keine nennenswerte Wirkung auf die römisch-katholische Kirche. Ausführlich: Ring: „Katholisch und deutsch“. Die altkatholische Kirche Deutschlands und der Nationalsozialismus, S. 367-464.
Erst in Verbindung mit den Vorgängen im Stabe Hess bekommt die auf den ersten Blick kaum beachtenswert erscheinende Gründung eine ganz andere Bedeutung.4) Hitler hat zusammen mit mehreren nationalsozialistischen Ministern und hohen Parteifunktionären am Freitag, den 5. Oktober, die vorgeschlagene Presseveröffentlichung besprochen. In anbetracht der unverminderten Spannung in Sachen der Ernennung eines Stellvertreters des Führers, die erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Reichswehr und Partei in sich schliessen, ist Hitler wie so oft einer endgültigen Entscheidung über den ihm unterbreiteten Vorschlag ausgebogen. Reichsminister Hess hat offenbar unter dem Eindruck der Beratungen mit Hitler seinem Stabe eine gewisse Mässigung empfohlen. Insbesondere sollten die scharfen Spitzen gegen Rom wegfallen, zum mindesten aber gemildert werden. In der Veröffentlichung könne lediglich zum Ausdruck kommen, dass der Staat und die katholische Kirche in Deutschland weitgehend einig wären.5) Diese Anweisung veranlasste den Hess-Ausschuss zur Überarbeitung der Pressenotiz in einer Beratung am Dienstag, den 9. Oktober. In der neuen Fassung heisst es, dass die Regierung entschlossen sei, die von Rom gemachten Vorschläge zu den Ausführungsbestimmungen zum Konkordat, die auch die deutschen Bischöfe sich zu eigen gemacht hätten, anzuerkennen. Das gelte auch bezüglich der noch umstrittenen Fragen über das katholische Organisationswesen. Im Anschluss daran wird dann allerdings die Forderung erhoben, dass im Laufe der nächsten Monate eine allgemeine Überprüfung der katholischen Verbände und aller einzelnen Vereine stattzufinden habe. Diese Nachforschungen hätten die gesamte Tätigkeit der Vereine und Verbände seit 1930 einzubeziehen. Diese zurückgreifende Untersuchung hat den Zweck, Feststellungen darüber zu treffen, ob die Vereine und Verbände für die Zukunft eine Gewähr bieten, dass sie ihre gesamte Wirksamkeit ausserhalb jeder Parteipolitik vollziehen. Es ist beachtenswert, wie für diese Forderung eine Stütze im Konkordat gesucht wird, dessen Artikel 31 Absatz 2 im Schlussteil lautet: „....sofern sie (die katholischen Organisationen) Gewähr dafür bieten, ihre Tätigkeit ausserhalb jeder politischen Partei zu entfalten“. Bei Abschluss des Konkordates hat man mit dieser Formulierung selbstverständlich nur an eine Gewähr für die Zeit nach dem Abschluss gedacht.6) Eine gewisse Bestätigung dafür, dass man in bestimmten Kreisen darauf hinarbeitet, noch vor der Volksabstimmung an der Saar wenigstens in einer öffentlichen Verlautbarung die Verständigung mit der katholischen Kirche festzustellen, ist in etwa aus einer Mitteilung zu entnehmen, die der Vertreter der Deutschen Front an der Saar, Gauleiter Bürckel, dem Korrespondenten einer französischen Zeitung mit den Worten gemacht hat: „Wir werden uns noch vor der Saarabstimmung mit der katholischen Kirche verständigen“.5
Vgl. Bericht No. 11641 vom 26.10.1934.
7) Zur gleichen Zeit scheint sich der Konflikt mit dem in der so genannten Bekenntnissynode geeinten Teil des evangelischen Volkes ernstlich zuzuspitzen. Am Dienstag, den 9. Oktober, tagte unter dem Vorsitz des Präses D. Koch der Brüderrat. Dieser Rat beschloss die Zusammenkunft einer das ganze Reichsgebiet umfassenden Synode. Über Tag und Ort wird strengstes Stillschweigen bewahrt. Für die letzte Oktoberwoche sind kirchliche und ausserkirchliche Kundgebungen in einer bisher nicht üblichen Form geplant.6
Zweite Reichsbekenntnissynode in Berlin-Dahlem, 19./20.10.1934; vgl. Kommentar zu Bericht No. 11625 vom 24.10.1934.
Diese Kundgebungen sollen sich, nicht wie bisher, mit dem Reichsbischof und der verfassungswidrigen Kirchenregierung beschäftigen, sie wenden sich direkt gegen den Staat, der durch seine Massnahmen die Bekenntnisgrundlagen zerstöre. Es wird ernstlich erwogen, den bekenntnistreuen Teil der Kirche um einen Reichsbischof zu sammeln, der in seiner Person die Gewähr bietet, dass das Bekenntnis in Zukunft unangetastet bleibt. Ob D. Bodelschwingh dem event. an ihn ergehenden Rufe Folge leisten wird, ist noch ungewiss. In Kreisen des Brüderrats will man wissen, dass bei hohen Stellen der Reichswehr weitgehendes Verständnis für den Kampf der bekenntnistreuen Kirche vorhanden ist. Man glaubt in der Reichswehr steigende Besorgnis sachlicher und personeller Art beobachten zu können. So soll die Reichswehr sehr energisch, und zwar schon während des Nürnberger Parteitages, die Abberufung von Rosenberg, Ley und Schirach gefordert haben.Eine neuere Meldung vom 12. Oktober besagt, der Ausschuss des Hess-Stabes hat in München getagt. Er hat sich unvermittelt wieder der radikalen Formulierung einer Pressekundgebung zugewandt, worin von den Störungen durch Rom die Rede ist. Diese radikale Fassung soll dem Führer erneut vorgeschlagen werden. Insofern ist der Inhalt von Punkt 4) und 5) zu ergänzen.

1 Eine solche Person kann in der Tat nicht identifiziert werden; gemeint ist jedenfalls nicht der zum Katholizismus konvertierte und 1919 in den Franziskanerorden eingetretene Alban Prinz zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg (1892-1964), der mit dem NS-Regime in Konflikt geriet, in ein salzburgisches Kloster auswich und noch 1943 in das Konzentrationslager Dachau interniert wurde; vgl. den Eintrag in der Datenbank „Regesta Ecclesiastica Salisburgensis“ (RES): www.res.icar-us.eu/index.php?title=Löwenstein-Wertheim-Freudenberg,_Alban,_Prinz_zu_(1892-1964) (21.01.2016).
2 Vgl. Bericht No. 11625 vom 24.10.1934 und den Kommentar dort.
3 Typoskript ohne Verfasserangabe und Datierung (entstanden wohl unmittelbar nach dem 12.10.1934); AA.EE.SS., Germania, Pos. 647, fasc. 183, fol. 13r-16r. – Daß Kardinal Schulte persönlich der Verfasser dieser Kompilation ist, dürfte zu bezweifeln sein.
4 Der Informant unterscheidet hier nicht zwischen (römischen) Katholiken und der seit 1870 abgespaltenen kleinen Gruppe der „Altkatholiken“ (die sich weigerten, das Dogma von der Infallibilität des Papstes anzunehmen). Bei der von dem Essener Pfarrer Heinrich Hütwohl bereits im Frühjahr 1934 gegründeten „Katholisch-nationalkirchlichen Bewegung“ (KNB) handelte es sich um eine altkatholische Initiative, die das Ziel verfolgte, Staat und Katholizismus zu versöhnen und letztlich die altkatholische zu einer („romfreien“) katholischen deutschen Nationalkirche auszubauen. Auf der Essener Gründungsversammlung am 13.05.1934 schloß sich ein römisch-katholischer Geistlicher der Bewegung an; davon abgesehen entfaltete die KNB keine nennenswerte Wirkung auf die römisch-katholische Kirche. Ausführlich: Ring: „Katholisch und deutsch“. Die altkatholische Kirche Deutschlands und der Nationalsozialismus, S. 367-464.
5 Vgl. Bericht No. 11641 vom 26.10.1934.
6 Zweite Reichsbekenntnissynode in Berlin-Dahlem, 19./20.10.1934; vgl. Kommentar zu Bericht No. 11625 vom 24.10.1934.
Biographien (11):Sachdatensätze (2):

Berichte des Apostolischen Nuntius Cesare Orsenigo
aus Deutschland 1930 bis 1939
Im Auftrag des Deutschen Historischen Instituts in Rom und in Kooperation mit der Kommission für
Zeitgeschichte Bonn und dem Archivio Segreto Vaticano herausgegeben von Thomas Brechenmacher
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