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lfd. Nr.
85
Prot. Nr.
6781
Sender
Orsenigo
Empfänger
Pacelli
Ort
Berlin
Datum
26.03.1933
Archiv
AA.EE.SS. Germania, Pos. 621, fasc. 139, fol. 77r-78r
Betreff
Episcopato e Nazionalsocialismo
Regest
Die bevorstehende Erklärung der deutschen Bischöfe: die früheren Verbote und Vorbehalte dem Nationalsozialismus gegenüber sollen revidiert werden; Gründe für diese Wende; die Erklärung der Bischöfe sei ein auf Hoffnungen gründender Vertrauensvorschuß; über konkrete Zugeständnisse wurde nicht mit der Regierung verhandelt.
Dokument
1Credo possa far piacere a Vostra Eminenza Reverendissima sapere, che l’Episcopato tedesco della Conferenza di Fulda, su iniziativa dell’E.mo Cardinale Bertram di Breslavia, sta preparando una dichiarazione collettiva, che modifica le precedenti norme disciplinari riguardanti l’atteggiamento della Chiesa Cattolica nei riguardi del nazionalsocialismo.1
Kundgebung der deutschen Bischöfe, 28.03.1933, in: Stasiewski (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe I, S. 30-32. Die Schlüsselstelle der bischöflichen Kundgebung lautet: „Ohne die in unseren früheren Maßnahmen liegende Verurteilung bestimmter religiös-sittlicher Irrtümer aufzuheben, glaubt daher der Episkopat das Vertrauen hegen zu können, daß die vorbezeichneten allgemeinen Verbote und Warnungen nicht mehr als notwendig betrachtet zu werden brauchen.“ Dieser von Bertram nach einem eilig durchgeführten Versuch der Abstimmung mit den anderen Bischöfen erstellte Text formulierte noch vorsichtiger als der ursprünglich vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz vorgelegte Entwurf („Der Episkopat hegt daher das Vertrauen, daß die vorbezeichneten Verbote und Warnungen nicht mehr als notwendig betrachtet zu werden brauchen.“ Ebd., S. 31). Einigkeit schien unter den Oberhirten darüber zu bestehen – und Bertram legte diese Position auch zusätzlich schriftlich nieder – , daß die Kundgebung „keineswegs als restlose Empfehlung des Nationalsozialismus“ verstanden oder interpretiert werden dürfe. Dazu grundlegend Volk, Zur Kundgebung des deutschen Episkopats.
L’occasione per questa revisione fu offerta dal discorso tranquillante pronunciato giovedì scorso al Reichstag dal Capo del Governo; ma la vera causa determinante credo sia da cercare nell’atteggiamento di crescente simpatia delle masse giovanili e non giovanili dei cattolici per il nuovo regime.2
Ob in der massenhaften Hinwendung junger und älterer Katholiken zum Nationalsozialismus der Hauptgrund für die Kundgebung der deutschen Bischöfe lag, bliebe zu diskutieren; zweifellos bildete jedoch eine wachsende Verunsicherung unter den Katholiken eines ihrer wesentlichen Motive. Vgl. Volk, Die Fuldaer Bischofskonferenz, S. 12: „Das Gefühl des Ausgeschaltetseins machte bis dahin standfeste Zentrumsanhänger vielfach anfällig für eine Propaganda, die ungemein zugkräftig an den nationalen Gemeinsinn appellierte [...]. Zu dem Drängen der nationalsozialistischen Parteiführung von außen [...] gesellte sich eine steigende Unruhe von innen, getragen von öffnungsbereiten Gläubigen, denen die bischöflichen Verbote den Weg zu verantwortlicher Mitarbeit am Staatsneubau versperrten.“ Vgl. auch die detaillierte Erörterung der möglichen Beweggründe bei Volk, Kundgebung, bes. S. 439-443.
Già oggi è molto difficile contenere questa massa di simpatizzanti, che chiede insistentemente di poter iscriversi nelle fila del nazionalsocialismo. Anzi vi è già il pericolo che perfino le associazioni cattoliche „in corpo“ chiedano la tessera nazionalsocialista: ciò che – a mio modesto avviso – tornerebbe gravemente dannoso per la compagine sociale dei cattolici, specialmente in un paese come la Germania, confessionalmente diviso. Attualmente il Sig. Cardinale Bertram sta elaborando il testo definitivo della dichiarazione in base alle osservazioni, che tutti i Vescovi interessati furono invitati ad esprimergli sulla traccia di un abbozzo della dichiarazione da lui diramato.3
Die wesentlichen Akten zu dem gesamten Abstimmungsvorgang in: Stasiewski (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe I, S. 15-34.
La dichiarazione sarà accompagnata da istruzioni riservate al Clero, per una retta e concorde applicazione del pensiero dei Vescovi in ogni diocesi.4
Instruktion der Fuldaer Bischofskonferenz für den Klerus, 29.03.1933, in: Stasiewski (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe I, S. 33.
Anche la Baviera fu messa al corrente.5
Bertram an die Mitglieder der Fuldaer Bischofskonferenz und Faulhaber, Breslau, 24.03.1933, sowie Faulhaber an den bayerischen Episkopat, München, 24.03.1933, in: Stasiewski (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe I, S. 15-18.
Queste istruzioni soprattutto mi sembrano redatte con molta circospezione e con un largo spirito conciliativo, il che era necessario, date le tendenze ancora irriducibili di una parte del clero giovane. Nella dichiarazione manca qualsiasi accenno al famoso articolo 24 del programma nazionalsocialista, che fu a suo tempo uno dei principali motivi della condanna emanata dall’Episcopato.6
Art. 24 des Parteiprogramms der NSDAP vom 24.02.1920 formulierte u.a.: „Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat, sowie sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden. Sie bekämpft den jüdisch-materialistischen Geist [...].“ Zit. nach dem Druck des Parteiprogramms in: Hürten (Hg.): Weimarer Republik und Drittes Reich, S. 66-71, hier S. 70. – Gegen Artikel 24 hatte sich bereits die erste Stellungnahme eines bischöflichen Ordinariats (Mainz) gegen die NSDAP vom 30.09.1930 gewandt, mit der Befürchtung, dieser Artikel könne jederzeit einen neuen Kulturkampf gegen die katholische Kirche rechtfertigen; Bischöfliches Ordinariat Mainz, Stellungnahme zur NSDAP, Mainz, 30.09.1930, in: Müller (Hg.), Katholische Kirche und Nationalsozialismus, S. 13-15.
Forse si poteva, e si doveva – a mio avviso –, esigere una interpretazione nuova dell’articolo e ottenere al tempo stesso qualche impegno preciso circa la libertà delle organizzazzioni cattoliche, ma l’Episcopato ha preferito formulare la sua dichiarazione – piena di speranze – senza prendere alcun contatto, neppure segreto, col Governo: mancata così ogni trattativa, non era possibile pensare a concessioni a titolo di contra-partita.
2Ritengo che la dichiarazione dei Vescovi potrà esser pubblicata giovedì nel pomeriggio o venerdì mattina. Non mancherò di far pervenire a Vostra Eminenza il testo definitivo e completo. Il Governo frattanto continua a manifestare in ogni occasione il suo ardente desiderio, che venga rimossa la condanna del nazionalsocialismo lanciata dai Vescovi: se questo zelo sia solo espressione di amor di pace o miri invece ad aver libero il cammino per un arruolamento in massa dei cattolici nelle fila dell’hitlerianismo, è ora difficile saperlo!7
Allg., zum Gesamtzusammenhang der bischöflichen Politik im Frühjahr 1933 und derjenigen des Heiligen Stuhls dem nationalsozialistischen Deutschland gegenüber, vgl. Volk, Kundgebung; Ders., Die Fuldaer Bischofskonferenz; Brechenmacher, Teufelspakt, Selbsterhaltung, universale Mission?, S. 608-613.
Anhang

1 Kundgebung der deutschen Bischöfe, 28.03.1933, in: Stasiewski (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe I, S. 30-32. Die Schlüsselstelle der bischöflichen Kundgebung lautet: „Ohne die in unseren früheren Maßnahmen liegende Verurteilung bestimmter religiös-sittlicher Irrtümer aufzuheben, glaubt daher der Episkopat das Vertrauen hegen zu können, daß die vorbezeichneten allgemeinen Verbote und Warnungen nicht mehr als notwendig betrachtet zu werden brauchen.“ Dieser von Bertram nach einem eilig durchgeführten Versuch der Abstimmung mit den anderen Bischöfen erstellte Text formulierte noch vorsichtiger als der ursprünglich vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz vorgelegte Entwurf („Der Episkopat hegt daher das Vertrauen, daß die vorbezeichneten Verbote und Warnungen nicht mehr als notwendig betrachtet zu werden brauchen.“ Ebd., S. 31). Einigkeit schien unter den Oberhirten darüber zu bestehen – und Bertram legte diese Position auch zusätzlich schriftlich nieder – , daß die Kundgebung „keineswegs als restlose Empfehlung des Nationalsozialismus“ verstanden oder interpretiert werden dürfe. Dazu grundlegend Volk, Zur Kundgebung des deutschen Episkopats.
2 Ob in der massenhaften Hinwendung junger und älterer Katholiken zum Nationalsozialismus der Hauptgrund für die Kundgebung der deutschen Bischöfe lag, bliebe zu diskutieren; zweifellos bildete jedoch eine wachsende Verunsicherung unter den Katholiken eines ihrer wesentlichen Motive. Vgl. Volk, Die Fuldaer Bischofskonferenz, S. 12: „Das Gefühl des Ausgeschaltetseins machte bis dahin standfeste Zentrumsanhänger vielfach anfällig für eine Propaganda, die ungemein zugkräftig an den nationalen Gemeinsinn appellierte [...]. Zu dem Drängen der nationalsozialistischen Parteiführung von außen [...] gesellte sich eine steigende Unruhe von innen, getragen von öffnungsbereiten Gläubigen, denen die bischöflichen Verbote den Weg zu verantwortlicher Mitarbeit am Staatsneubau versperrten.“ Vgl. auch die detaillierte Erörterung der möglichen Beweggründe bei Volk, Kundgebung, bes. S. 439-443.
3 Die wesentlichen Akten zu dem gesamten Abstimmungsvorgang in: Stasiewski (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe I, S. 15-34.
4 Instruktion der Fuldaer Bischofskonferenz für den Klerus, 29.03.1933, in: Stasiewski (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe I, S. 33.
5 Bertram an die Mitglieder der Fuldaer Bischofskonferenz und Faulhaber, Breslau, 24.03.1933, sowie Faulhaber an den bayerischen Episkopat, München, 24.03.1933, in: Stasiewski (Bearb.), Akten deutscher Bischöfe I, S. 15-18.
6 Art. 24 des Parteiprogramms der NSDAP vom 24.02.1920 formulierte u.a.: „Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat, sowie sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- und Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden. Sie bekämpft den jüdisch-materialistischen Geist [...].“ Zit. nach dem Druck des Parteiprogramms in: Hürten (Hg.): Weimarer Republik und Drittes Reich, S. 66-71, hier S. 70. – Gegen Artikel 24 hatte sich bereits die erste Stellungnahme eines bischöflichen Ordinariats (Mainz) gegen die NSDAP vom 30.09.1930 gewandt, mit der Befürchtung, dieser Artikel könne jederzeit einen neuen Kulturkampf gegen die katholische Kirche rechtfertigen; Bischöfliches Ordinariat Mainz, Stellungnahme zur NSDAP, Mainz, 30.09.1930, in: Müller (Hg.), Katholische Kirche und Nationalsozialismus, S. 13-15.
7 Allg., zum Gesamtzusammenhang der bischöflichen Politik im Frühjahr 1933 und derjenigen des Heiligen Stuhls dem nationalsozialistischen Deutschland gegenüber, vgl. Volk, Kundgebung; Ders., Die Fuldaer Bischofskonferenz; Brechenmacher, Teufelspakt, Selbsterhaltung, universale Mission?, S. 608-613.
Biographien (1):Sachdatensätze (1):

Berichte des Apostolischen Nuntius Cesare Orsenigo
aus Deutschland 1930 bis 1939
Im Auftrag des Deutschen Historischen Instituts in Rom und in Kooperation mit der Kommission für
Zeitgeschichte Bonn und dem Archivio Segreto Vaticano herausgegeben von Thomas Brechenmacher
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