Meta-Suche


   
lfd. Nr.
364
Prot. Nr.
9449
Sender
Orsenigo
Empfänger
Pacelli
Ort
Berlin
Datum
26.01.1934
Archiv
AA.EE.SS. Germania, Pos. 650, fasc. 196, fol. 12rv
Betreff
Incidenti a Stoccarda
Regest
Karl Adams Rede auf der Heilig-Jahr-Feier in Stuttgart und der daran anschließende Proteststurm seitens der NS-Organe.
Dokument
1Stimo mio dovere inviare a Vostra Eminenza Reverendissima il qui accluso ritaglio del giornale “Völkischer Beobachter”, di Berlino, del 23 corrente (Allegato A), ove è data relazione di una conferenza tenuta domenica scorsa, 21 corrente, a Stoccarda, dal Reverendo Sacerdote Professore Adam, dell’Università di Tubinga, e del penoso incidente, al quale la conferenza stessa ha dato luogo.1
Der Tübinger Dogmatiker Karl Adam hatte am 21.01.1934 auf einer Heilig-Jahr-Feier der Katholiken in Stuttgart den Hauptvortrag gehalten. Dabei war ausgerechnet er, der an einer theologisch legitimierten Verständigung zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus arbeitete, vom Berichterstatter für den Stuttgarter „NS-Kurier“ so verstanden worden, als habe er gegen die „Deutschen Christen“ polemisiert. Der entsprechende Artikel das NS-Kuriers („Hetze gegen die Deutschen Christen“) löste wilde Proteste der NS-Studentenorganisationen in Adams Tübinger Hörsaal aus und führte zu einer Rüge des württembergischen Kultusministeriums gegen Adam sowie schließlich zu einer Intervention des Vizekanzlers von Papen zugunsten des Theologen; vgl. Scholder, Die Kirchen und das Dritte Reich II, S. 140-142. Wohl eher unbewußt verwies Bischof Sproll in seinem – von O. als Anlage übersandten – Protestschreiben an die Württembergische Staatsregierung vom 24.01.1934 auf die Ironie dieser Episode: „Und das geschieht einem Lehrer, der schon vor Wochen in einem Artikel der Tübinger ,Theologischen Quartalschrift’ ein ganz offenes Bekenntnis zum neuen Reich und Staat abgelegt und auch bei der Versammlung in Stuttgart nichts gesprochen hat, was irgendwie zu beanstanden wäre.“ (16rv) Adams Aufsatz „Deutsches Volkstum und katholisches Christentum“ in der Theologischen Quartalschrift 114 (1933), S. 40-63, gilt als einer der prononciertesten Beiträge katholisch-theologischer „Brückenbau“-Literatur zum Nationalsozialismus.
2Nel medesimo tempo mi pregio accludere copia del ricorso, che a tutela del summenzionato Professore Sua Eccellenza Monsignor Sproll, Vescovo di Rottenburg, ha indirizzato al Ministro dello Stato del Württemberg, in Stoccarda (Allegato B). Come l’Eccellentissimo Presule asserisce nel suo scritto, il testo del ricorso fu da lui portato a conoscenza anche del Governo centrale del Reich.
3Io non mancherò di tenerne informata Vostra Eminenza, se lo svolgersi degli avvenimenti lo richiederà.
Anhang
1(A) Völkischer Beobachter (Berlin), 23.01.1934: „Unerhörte Herausforderung des Nationalsozialismus – ,Jüdische Geschichte geht über deutsche Geschichte‘ – Universitätsprofessor fordert Deutsche Christen heraus – Aufgepeitschte katholische Jugend demonstriert in Uniform“; (B) Sproll an Württembergisches Staatsministerium, Stuttgart, Rottenburg, 24.01.1934 (Abschrift).

1 Der Tübinger Dogmatiker Karl Adam hatte am 21.01.1934 auf einer Heilig-Jahr-Feier der Katholiken in Stuttgart den Hauptvortrag gehalten. Dabei war ausgerechnet er, der an einer theologisch legitimierten Verständigung zwischen Katholizismus und Nationalsozialismus arbeitete, vom Berichterstatter für den Stuttgarter „NS-Kurier“ so verstanden worden, als habe er gegen die „Deutschen Christen“ polemisiert. Der entsprechende Artikel das NS-Kuriers („Hetze gegen die Deutschen Christen“) löste wilde Proteste der NS-Studentenorganisationen in Adams Tübinger Hörsaal aus und führte zu einer Rüge des württembergischen Kultusministeriums gegen Adam sowie schließlich zu einer Intervention des Vizekanzlers von Papen zugunsten des Theologen; vgl. Scholder, Die Kirchen und das Dritte Reich II, S. 140-142. Wohl eher unbewußt verwies Bischof Sproll in seinem – von O. als Anlage übersandten – Protestschreiben an die Württembergische Staatsregierung vom 24.01.1934 auf die Ironie dieser Episode: „Und das geschieht einem Lehrer, der schon vor Wochen in einem Artikel der Tübinger ,Theologischen Quartalschrift’ ein ganz offenes Bekenntnis zum neuen Reich und Staat abgelegt und auch bei der Versammlung in Stuttgart nichts gesprochen hat, was irgendwie zu beanstanden wäre.“ (16rv) Adams Aufsatz „Deutsches Volkstum und katholisches Christentum“ in der Theologischen Quartalschrift 114 (1933), S. 40-63, gilt als einer der prononciertesten Beiträge katholisch-theologischer „Brückenbau“-Literatur zum Nationalsozialismus.
Biographien (2):Sachdatensätze ():

Berichte des Apostolischen Nuntius Cesare Orsenigo
aus Deutschland 1930 bis 1939
Im Auftrag des Deutschen Historischen Instituts in Rom und in Kooperation mit der Kommission für
Zeitgeschichte Bonn und dem Archivio Segreto Vaticano herausgegeben von Thomas Brechenmacher
 Texte | Quellen u. Literatur | Abkürzungen | Impressum | Hilfe |